Transformotor

prozessorientierte STANDORTENTWICKLUNG, Quartierswerkstatt

 Wagenhallen

Die Wagenhallen in Stuttgart – das sind 8.000qm umbauter Raum im Herzen der Stadt, lediglich zwei U-Bahn-Stationen vom Hauptbahnhof entfernt. 1895 als Eisenbahninstandsetzungshalle der Königlich Württembergischen Eisenbahnen gebaut, wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg in eine Werkstatthalle der Regionalbus Stuttgart GmbH umfunktioniert. nach deren Auszug lagen die Wagenhallen fast 5 Jahre brach, bis sie 2003 an eine initiative aus Künstlern und Architekten zur Zwischennutzung übergeben wurden.

2005 übernahm der Geschäftsführer des benachbarten Schrottplatzes, Stephan Karle, den Pachtvertrag gegenüber der Stadt und gründete gemeinsam mit den Künstlern vor Ort den Kulturbetrieb Wagenhallen GmbH & co Kg, der als Verwaltungsebene die Fäden in der Hand hält. Für die inhaltliche Ausrichtung gibt es schon von Anbeginn den Kunstverein Wagenhallen e.v.. Außerdem befinden sich auf dem Gelände neben dem Tango-Café „tango ocho“ noch der Kulturbetrieb Wagenhallen GbR, der sich in den vergangen Jahren mit Theater, Ausstellungen, Konzerten und Lesungen über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat. die Wagenhallen haben sich als Produktions- und Präsentationsstätte für Künstler aller Genres etabliert und sind mit den ca. 80 ansässigen Künstlern ein fester Bestandteil der städtischen Kulturszene geworden. Nachdem die bisherigen Pachtverträge mit der Stadt Stuttgart immer nur jährlich verlängert wurden, gibt es nun seit gut einem Jahr zum ersten mal die Situation, dass der Nutzungsvertrag gleich um 5 Jahre verlängert wurde und es gibt deutliche Signale aus dem Stuttgarter Gemeinderat, dass ein dauerhafter Pachtvertrag für die Nutzung in der jetzigen Form möglich ist.

Kontext

Die Wagenhallen befinden sich auf dem Bebauungsgebiet C1 des städtebaulichen Großprojekts Stuttgart 21. Lange war nicht klar, was auf dem Gelände am Stuttgarter Nordbahnhof passieren sollte. Durch die Verzögerungen der Planungen zu S21 wurde die Zwischennutzung in dieser Form sogar erst möglich. Allerdings stand die Vertragsverlängerung auch jedes Jahr erneut auf der Kippe. Mittlerweile hat sich die gewachsene Struktur in den Wagenhallen, allen Planungsunsicherheiten zum Trotz, soweit im städtischen Gefüge verankert, dass die Planungen, die das gesamte städtische Quartier betreffen, auf diesen „Bestand“ Rücksicht nehmen sollen – zumal der bisherige Bebauungsplan für den neuen Stadtteil „Rosenstein“ nach den Debatten um S21 und der nachfolgenden Schlichtung wieder zur Debatte steht.

11-06_post-21-2

 

17-06_umschichten_Transformotor-01

Post 21 Workshop:

Die Debatten um S21 zeigen, dass eine klassische Masterplanung von „oben“ auf wenig Vertrauen in der lokalen Bevölkerung stößt – „Bürgerbeteiligung“ ist das Wort der Stun- de. Zwischen den ganzen Debatten um S21 oder doch lieber K21, hat sich der Kunstverein Wagenhallen e.v. an die Spitze eines ergebnisoffenen und prozessorientierten Modellprojekts im Quartier gestellt. Unter dem Titel „Post 21“ organisierte der Kunstverein im Juni 2011 einen 3-tägigen Planungsworkshop, an dem etwa 140 stuttgarter Bürger, Politiker, Kulturschaffende, Künstler und Stadtplaner teilnahmen. Mit Vorträgen z.B. von Benjamin Foerster-Baldenius („urban Bybass“), Wolfgang Grillitsch („W.orte“) und dem Leiter des Stadtplanungsamtes, Uwe Stuckenbrock, sowie einer Schnitzeljagd über das Wagenhallen Gelände und einem Kinderworkshop wurde die Fragestellung verfolgt, wie die Wagenhallen stärker als „kultureller Motor” im Stadtentwicklungsprozess auftreten können. im Rahmen des Workshops haben die Quartiersbewohner als „Nachbarn“ der Wagenhallen bereits ihre Wünsche, Vorstellungen und Ideen zur Entwicklung des Standorts und seines Umfelds als Input eingebracht. Darauf aufbauend endet im Juli diesen Jahres das Schnell-Architektur-Festival 72 Hour Urban Action rund um die Wagenhallen statt.

Ziel ist es, die Wahrnehmung von Möglichkeiten im öffentlichem Raum zu schärfen, den Diskurs um “Kultur als Motor” zu beleben, unabhängige Kulturinitiativen anzuregen und zu fördern, “private-public-partnerships” zu festigen und die nachhaltige und artgerechte Entwicklung des urbanen Raumes zu forcieren. Anlass war die Ausrufung eines 5-Jahres-Prozess-Plans aufgrund der 5-jährigen Verlängerung der Zwischennutzungs-Duldung der Wagenhallen im Stuttgarter Nordbahnhofviertel.

Hierzu wurde beispielsweise, vorbereitend auf den Wettbewerb 72 Hour Urban Action, ein integrativer Planungsworkshop initiiert der Öffentlichkeit, Stadtverwaltung, Initiatoren des Festivals und Kulturschaffende vor Ort zusammen bringen soll. Aus den Workshopergebnissen entstand ein Handlungsrahmen in Form der 10 Missionen (Interventionen im öffentlichem Raum) für das Festival 2012.

11-06_post-21-311-06_post-21-5

Eine offene Quartierswerkstatt ist so entstanden, die sich u.a. in dem weiterführenden Projekt Glocal Neighbourhood, bei dem es um die Vernetzung von Kunst- und Kulturinstitutionen mit ihrem direkten urbanen Umfeld geht – einer Kooperation mit dem Digital Art Center in Holon (IL) – und dem geplanten Quartiersprojekt Wanderbox manifestiert.

Teil dieser Initialprojekte ist auch das mehrfach ausgezeichnete Projekt Stadtacker, welches sich im Rahmen der informellen Aussenraumentwicklung der Flächen um die Wagenhallen entwickelt hat.

11-06_post-21-6

 

Containercity

„Seit 2004 arbeiten die Mitglieder des Kunstverein Wagenhalle e. V. in der ehemaligen Wageninstandsetzungshalle am Stuttgarter Nordbahnhof. Diese wird ab Anfang 2017 für mindestens ein Jahr saniert. Die Container City wird während der Sanierungsmaßnahmen in der Wagenhalle von fünfzig Kunst- und Kulturschaffenden aller Kunstsparten als Interimsquatier genutzt. Ein Planungsteam aus den Reihen des Kunstvereins hat zusammen mit den Künstlern und in Kooperation mit der Stadt Stuttgart das Projekt entwickelt und realisiert. Über 100 Container, zwei Waggons und weitere temporäre Architekturen sind aufgebaut. Die Container werden als Ateliers, Proberäume und Büros genutzt. Die Container City ist auch ein Ort der Begegnung der Stuttgarter BürgerInnen mit den ansässigen Künstlern. Es soll gemeinsam die Rolle der Wagenhalle, als Ort des sozialen und kulturellen Lebens im Viertel, und der Wert des Areals um die Wagenhalle, als städtischer Freiraum im zukünftigen Rosensteinquatier, ausgelotet werden.“ (Website  Kunstverein Wagenhalle e.V.)

17-06_umschichten_Transformotor-0417-06_umschichten_Transformotor-0217-06_umschichten_Transformotor-0517-06_umschichten_Transformotor-06
Foto: Kunstverein Wagenhalle e.V.17-06_umschichten_Transformotor-07
Foto: Kunstverein Wagenhalle e.V.