Architecture Collective Stuttgart
Es gibt einen Fisch den gab es fast nicht mehr. Es ist eine Groppe. Besser gesagt, eine Groppen-Art. Sie lebte in der Emscher – einem kleinen Fluss im Ruhrgebiet. Aber weil die Menschen jahrzehntelang meinten, sie müssten ihre Kacke und (noch viel schlimmer) sämtliche Chemieabfälle der Region in das Gewässer ablassen, ist dieser Fisch fast ausgestorben. Das ist so wie mit dem Plastik. Das schmeißen die Menschen auch einfach so ins Meer und überhaupt überall hin und denken, dann ist es weg. Ist es aber nicht.
Nur 25 Minuten ist eine Plastiktüte im Schnitt im Einsatz. Danach braucht sie 100 bis 500 Jahre bis sie zerfällt. Je nach dem, aus was für einer Art von Plastik sie gemacht ist. Aber ist sie denn dann endlich weg? Nein. Nichts verschwindet einfach so oder löst sich komplett in Luft auf. Alles wird nur umgewandelt. Luft ist ja auch nicht Nichts. Plastiktütenfetzen werden von Fischen, Möwen und anderen Tieren zusammen mit der Nahrung aufgenommen. Die wir dann übrigens auch wieder essen. Mikroplastikrückstände lassen sich in Honig, Duschgel oder Bier nachweisen. Jedes zehnte Sandkorn an der britischen Küste ist in Wahrheit ein rundgeschliffenes Stück Plastik.
Essen, die Grüne Hauptstadt Europas 2017, will Plastiktüten-freie Stadt werden. Das geht in die Richtung, die einige afrikanische Länder schon längst eingeschlagen haben. Dort sind sogar schon ganze Länder Plastik-frei. Also nicht nur Plastiktüten-, sondern Plastik-frei! Ruanda zum Beispiel. Da ist Deutschland wohl noch ein bisschen Entwicklungsland. Aber immerhin – aller Anfang ist ja bekanntlich schwer.
Unsere Plastik aus Plastik für die Grüne Hauptstadt ist ein riesiger Fisch – die bereits erwähnte Emscher-Groppe. Mit Gräten aus rohem Bauholz, Schuppen aus Plastiktüten, aufgetaucht im schönen Grugabad. Eine Woche lang verwandeln Kinder und Jugendliche Plastiktüten in Schuppen und lassen so die Groppe grösser und grösser werden.
Dann wird eine Woche mit ihr gespielt. Lesungen, Performances und Diskussionsrunden finden in und um sie herum statt. Anschliessend wird unsere (Plastik-)Groppe wieder in ihre Einzelteile zerlegt – alle Verbindungen sind nämlich wieder lösbar und alle Materialien können sauber voneinander getrennt und für etwas anderes weiterverwendet werden. Sogar das Plastik bekommt eine neue Bestimmung. Es wurde nämlich durch unsere Bearbeitung aufgeladen mit Kunst! Alles Plastik wird, nachdem es vom Holz getrennt wurde, zu einem fetten Klumpen zusammengepresst. Dieser Klumpen wird dann am Ende des Jahres an eine*n Künstler*in der neuen Grünen Hauptstadt Europas weitergereicht. Quasi wie ein Staffelstab von Künstler*in zu Künstler*in. Oder wie ein Schneeball?
Wir werden sehen. Auf jeden Fall bekommt dieses Plastik kein Fisch mehr zu Gesicht (und in den Magen). Dieses Plastik ist ab jetzt Kunst. Es kann bearbeitet, muss aber auf jeden Fall beschützt werden. Und schützt dadurch uns. Weil wir es ja dann nicht mehr essen, sondern nur noch betrachten. Und darüber reden! Zum Beispiel, ob wir so weitermachen wollen…. Mit dem Plastik. Und den Fischen.
Team: Alper Kazokoglu, Carla Nordmann, Manon Deck Sablon, Marcel Martin, Matheo Fradét, Simon Stiegler, Tabea Mayenberger
Essen 2017